Grunderwerbsteuer bei Wald: minimieren oder sogar vermeiden!

Richtungweisendes Urteil zur Grunderwerbsteuer bei Waldflächen

Frohe Kunde für Waldkäufer: bisher berechneten die Finanzämter die Grunderwerbsteuer immer auf den gesamten Wald-Kaufpreis und begründeten das mit dem Hinweis, dass der Wald wesentlicher Bestandteil des jeweiligen Grundstücks sei (i.S. von § 94 BGB). Nach einem richtungsweisenden Urteil des Bundesfinanzhofes besteht in den wohl meisten Fällen die Möglichkeit, den grunderwerbsteuerpflichtigen Kaufpreis um den Wert des Aufwuchses zu reduzieren. Da der Wald-Bodenwert i.d.R. nur einen kleinen Teil des Kaufpreises ausmacht, bedeutet das einen erheblichen finanziellen Vorteil beim Waldkauf. Je Hektar Wald kann das leicht 1.000 € ausmachen! Aber Vorsicht: in den Genuss dieser Ersparnis kommt ein Waldkäufer nur, wenn er ein paar wesentliche Punkte beachtet!

Das BFH-Urteil zur Grunderwerbsteuer bei Waldkauf

Höchste Rechtsprechung: Der Bundesfinanzhof (BFH) ist die höchste Instanz der Finanzgerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland. Der BFH ist in erster Linie als Revisionsgericht tätig. In dieser Funktion musste er über die Revisionen gegen ein Urteil des Finanzgerichtes Düsseldorf urteilen (FG Düsseldorf, 19. Mai 2019, Az: 7 K 3217/18 GE). Weil der BFH nun die Revision des betreffenden Finanzamtes gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf als unbegründet zurückwies, müssen sich fortan alle deutschen Finanzämter an dieser Rechtsprechung orientieren.

Das BFH-Urteil zur Grunderwerbsteuer beim Waldkauf ist richtungsweisend – Foto: AJEL

BFH, Urteil II R 36/19 vom 25.01.2022: Beim Erwerb forstwirtschaftlich genutzter Waldflächen ist keine Grunderwerbsteuer zu zahlen, sofern die Forstbäume als Scheinbestandteile gelten. Gehölze, und damit auch Forstbäume, sind Scheinbestandteile, wenn bereits zum Zeitpunkt ihrer Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder vom Grundstück zu entfernen.

Stichwort „Scheinbestandteil“: Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) wurde bei dem betreffenden Waldkauf aus der Struktur und Lage der erworbenen Flächen deutlich, dass die Bäume zum Zwecke einer späteren Ernte angepflanzt worden waren und deshalb sog. „Scheinbestandteile“ (i.S. des § 95 BGB) seien. Unter Grundstück im Sinne des GrEStG ist das Grundstück im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Ob Gehölze zum Grundstück zählen, hängt davon ab, zu welchem Zweck die Aussaat bzw. das Einpflanzen des Gehölzes erfolgt ist. Maßgeblich ist der „innere Wille des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache“. Dieser muss allerdings mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen sein.

Scheinbestandteile können aber auch dann vorliegen, wenn aufstehende Bäume forstwirtschaftlich genutzt, d.h. zur Holzproduktion gefällt werden sollen (vgl. BGH-Urteil in NJW 2011, 852, Rz 15). Alleine dieser Passus in der Urteilsbegründung erleichtert in unseren Augen die Argumentation im Streitfall ungemein. Denn in den meisten Fällen beabsichtig ein Waldkäufer den Aufwuchs, sprich die Bäume, auch forstwirtschaftlich zu nutzen.

Was ist zu tun? Fokus auf den Notarvertrag!

Aufteilung in Bodenwert und Aufwuchs: Damit das zuständige Finanzamt überhaupt nur auf die Idee kommt, die Grunderwerbsteuer nur auf den Bodenwert anzusetzen, muss der Waldkäufer „gestalterisch“ auf den Notarvertrag Einfluss nehmen. Alleine auf den Notar zu vertrauen ist hier nicht angebracht, denn nicht jeder Notar beurkundet regelmäßig Waldverkäufe und steckt so tief in dieser speziellen steuerlichen Materie. In der Vorbereitung des Kaufvertrages sollte der Waldkäufer dem Notariat nicht nur den Kaufpreis nennen, sondern selbst schon eine Aufteilung des Kaufpreises in Bodenwert und Aufwuchs vornehmen.

Jedes Stück einzeln behandeln: umfasst der Kaufvertrag mehrere Waldparzellen, sollte der Gesamtkaufpreis auf die einzelnen Parzellen aufgeteilt werden und separat im Notarvertrag ausgewiesen werden. Wenn die einzelnen Flurstücke direkt aneinander liegen, werden sie vom Finanzamt ohnehin als wirtschaftliche Einheit zusammengefasst. Aber insbesondere, wenn zwischen den einzelnen Flurstücken eine gewisse räumliche Distanz besteht, sollte man unbedingt eine Aufteilung des Kaufpreises vornehmen! Auch wenn das im ersten Moment nach einer übertriebenen Fleißarbeit aussieht – es kann sich richtig lohnen. Stichwort „Freigrenze“ (siehe weiter unten). Man muss übrigens keine Angst haben, dass die Notarkosten dadurch in die Höhe gehen. Der Notar berechnet seine Gebühren unabhängig davon, wieviel Elemente/Änderungen man in den Notarvertrag einbringt.

Bodenwert der Bodenrichtwertkarte entnehmen

Wie Bodenwert bestimmen? Die einfachste und unstrittigste Art den Bodenwert zu ermitteln ist die Orientierung an den jeweiligen Bodenrichtwertkarten. Dem vom örtlichen Gutachterausschuss ermittelten, offiziellen Bodenrichtwert wird ein Finanzamt schwerlich widersprechen.

Online-Portale: Bodenrichtwertkarten sind fast überall online verfügbar. Einfach „Bodenrichtwert“ in Verbindung mit dem jeweiligen Bundesland googeln. Beispiele:

Stichwort Nutzungsarten: Oftmals findet man in der Bodenrichtwertkarte außerhalb von Ortschaften mehrere Werte übereinander. Die Abkürzung „LF“ steht dabei für „Flächen der Land- oder Forstwirtschaft“. Wichtig ist die Abkürzung danach. Die wichtigsten Kennbuchstaben:

Waldkäufer müssen Ausschau halten nach dem Wert „LF F“ oder „LF H“- Screenshot: BORIS.rlp
  • LF-A Ackerland
  • LF F: forstwirtschaftliche Fläche
  • LF GR: Grünland
  • LF H: Waldfläche, noch nicht aufgeschlüsselt (H = Holzung)
  • LF UN: Unland, Geringstland, Bergweide, Moor
  • LF WG: Weingärten

Beispielformulierung Notarvertrag

Kaufpreis – Bodenwert = Aufwuchswert: Hat man den betreffenden Bodenrichtwert in €/m² ermittelt, muss man den Bodenrichtwert je Quadratmeter mit der Grundstücksgröße multiplizieren und erhält den Bodenwert des jeweiligen Waldstücks. Den so ermittelten Bodenwert zieht man vom Kaufpreis ab und erhält den Aufwuchswert. Diese Übung muss man nun für alle Waldstücke erledigen, die eine sog. „wirtschaftliche Einheit“ bilden.

Eine Beispielformulierung für den Notarvertrag könnte also so aussehen:

Kaufpreisaufteilung in Bodenwert und Aufwuchswert. Auszug aus einem konkreten Notarvertrag – Quelle: Wald-Prinz.de

Ein Hinweis im Notarvertrag auf den verwendeten Bodenrichtwert wie z.B. „zur Ermittlung des Bodenwertes wurde der derzeit geltende Bodenrichtwert von 0,40 €/m² (Beispiel!!!) für forstwirtschaftliche Flächen (LF F) verwendet“ kann sicher nicht schaden.

Bodenwert unter 2.500 € => keine Grunderwerbsteuer

Freigrenze Grunderwerbsteuer: Bei der Grunderwerbsteuer gilt eine Freigrenze von 2.500 €. Erst wenn der Kaufpreis diesen Wert übersteigt, muss der (vollständige) Betrag versteuert werden. Das gibt in Verbindung mit dem Urteil des BFH gewaltig Freiraum für Grunderwerbsteuer-befreite Waldkäufe.

Bei einem Bodenrichtwert von z.B. 0,50 €/m² für forstwirtschaftliche Flächen entspricht diese Freigrenze immerhin einem Waldstück von bis zu 5.000 m², das nun befreit von der Grunderwerbsteuer seinen Besitzer wechseln kann.

Bodenrichtwert
(forstwirtschaftlich genutzte Fläche)
Grundsteuer befreite Waldfläche
0,30 €/m²8.333 m²
0,35 €/m²7.142 m²
0,40 €/m²6.250 m²
0,45 €/m²5.555 m²
0,50 €/m²5.000 m²
0,55 €/m²4.545 m²
0,60 €/m²4.166 m²
0,65 €/m²3.846 m²
0,70 €/m²3.571 m²

Freigrenze gilt je „wirtschaftliche Einheit“: So, jetzt wird es richtig spannend! Wird ein Paket von Waldstücken verkauft, ist es von großer Bedeutung, ob die Waldstücke eine bzw. mehrere wirtschaftliche Einheiten bilden. Liegen die Waldstücke nah beieinander, fasst das Finanzamt diese forstwirtschaftlichen Grundstücke zu einer sog. „wirtschaftliche Einheit“ zusammen. Denn nach Auffassung der Finanzämter gehören diese Waldstücke „nach der Verkehrsanschauung“ zusammen, weil sie demselben Eigentümer gehören und gemeinsam bewirtschaftet werden.

Liegen die Waldstücke aber entfernt voneinander, können sie eben nicht gemeinsam bewirtschaftet werden. Die Waldstücke bilden dementsprechend keine wirtschaftliche Einheit. Natürlich ist das alles Auslegungssache. Hier gibt es keine definierte Entfernung, ab der diese wirtschaftliche Einheit nicht mehr besteht. Aber wenn die Waldstücke in unterschiedlichen Gemarkungen liegen, wenn eine Bahnstrecke, ein Bachtal, oder eine größere Straße dazwischen liegt, etc. hilft das alles bei der Argumentation gegenüber dem Finanzamt.

Beispielrechnung

Konkrete Beispielrechnung: Sind mehrere voneinander entfernte Waldstücke Bestandteil eines Kaufvertrages, sollte man unbedingt jedes Waldstück wertmäßig separat im Notarvertrag, immer aufgeteilt nach Bodenwert und Aufwuchswert, aufführen. Nehmen wir das konkrete Beispiel des oben gezeigten Kaufvertrages aus Rheinland-Pfalz (Grunderwerbsteuer aktuell 5,0%):

  • Ohne jegliche Kaufpreisaufteilung wird das Finanzamt bei einem Gesamtkaufpreis von 20.300 € in Rheinland-Pfalz eine Grunderwerbsteuer von 1.015,00 € veranschlagen (5,0% von 20.300 €)
  • Aufteilung in wirtschaftliche Einheiten: besteht die Möglichkeit, die Waldflächen in wirtschaftliche Einheiten aufzuteilen, gilt die 2.500 € Freigrenze je wirtschaftliche Einheit. Im o.g. Beispiel wurden vier wirtschaftliche Einheiten gebildet, bei der nur drei der vier Einheiten über einem Kaufpreis über der Freigrenze von 2.500 € liegt. Die wirtschaftliche Einheit mit einem Kaufpreis von 2.400 € liegt unter der 2.500 €-Freigrenze und ist somit Grunderwerbsteuer-befreit. Der Bescheid würde in diesem Fall über 895,00 € ergehen (5,0% von 6.700 € + 4.300 € + 4.900 €)
  • Aufteilung in Bodenwert und Aufwuchswert: Lässt man die Aufteilung in wirtschaftliche Einheiten beiseite und nimmt lediglich eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises in Bodenwert und Aufwuchswert vor, sollte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer entsprechend des BFH-Urteils nur auf den Bodenwert veranschlagen. In unserem konkreten Beispiel beträgt der Gesamtkaufpreis 20.300 € aufgeteilt in 4.692,80 € Bodenwert (1.685,95 € + 1.326,85 € + 530,25 € + 1.149,75 €) und entsprechend 15.607,20 € Aufwuchswert. In Rheinland-Pfalz würden in diesem Fall lediglich 234,64 € Grunderwerbsteuer anfallen (5,0 % von 4.692,80 €).
  • Aufteilung in wirtschaftliche Einheiten UND Bodenwert: Hat man sich nun aber die Mühe gemacht, den Kaufpreis auf die in unserem Beispiel vier wirtschaftlichen Einheiten separat nach Bodenwert und Aufwuchswert aufzuteilen, liegt bei jeder der vier Einheiten der Bodenwert unterhalb der 2.500 €-Freigrenze. Die Grunderwerbsteuer beträgt somit – Trommelwirbel – 0,00 €!

Praxisbeispiel: Und ja, es funktioniert tatsächlich! Zum Beweis ein aktueller „Bescheid über Grunderwerbsteuer“ der kürzlich an uns ergangen ist. Da lediglich eine einzige wirtschaftliche Einheit des 50.000 €-Waldkaufs mit 2.687 € einen Bodenwert hatte, der über der 2.500 € Freigrenze lag, wurde die Grunderwerbsteuer nur für dieses Waldstück veranschlagt. Ohne entsprechende Aufteilung im Notarvertrag hätte das rheinland-pfälzische Finanzamt kaltlächelnd 2.500 € Grunderwerbsteuer veranschlagt. Durch die Aufteilung in wirtschaftliche Einheiten und dem jeweiligen Bodenwert waren gerade einmal 134,00 € fällig – die wir lächelnd sofort überwiesen haben ;-)

Der Ausschnitt aus dem konkreten Steuerbescheid einer unserer Waldkäufe über 50.000 €; lediglich eine Waldfläche war so groß, dass sie Grunderwerbsteuer-pflichtig wurde und auch hier wurde nur der Bodenwert besteuert – Screenshot: Wald-Prinz.de

Fazit

Leichter kann man beim Waldkauf keine Nebenkosten sparen:

  1. Beim Waldkauf den Kaufpreis im Notarvertrag immer getrennt nach Bodenwert und Aufwuchswert aufteilen.
  2. Umfasst der Kaufvertrag mehrere Waldstücke, nicht nur den Wert jedes einzelnen Waldstücks ausweisen, sondern diesen ebenfalls separat nach Bodenwert und Aufwuchs aufteilen.

Falls der Grunderwerbsteuer-Bescheid nicht wie erwartet/erhofft ergeht, sollte man den vom Finanzamt geforderten Betrag trotzdem zunächst bezahlen, gleichzeitig aber schriftlich Einspruch einlegen. Denn einerseits beschleunigt das den Umschreibungsprozess (solange das Finanzamt kein grünes Licht gibt, kann nicht umgeschrieben werden), andererseits heißt es in der Rechtsbehelfsbelehrung „Auch wenn ein Einspruch eingelegt worden ist, müssen die angeforderten Beträge fristgemäß gezahlt werden […]“.

Hinweis in eigener Sache: wir sind lediglich „Berufslaien“ und haben eine kaufmännische Ausbildung, keine juristische! Falls es Ärger mit dem Finanzamt gibt, sind wir keine wirkliche Hilfe. Falls es keinen Ärger gibt, der Grunderwerbsteuer-Bescheid deutlich niedriger, oder sogar „zu Null“ ausfällt – wir trinken gerne Mosel-Riesling oder Luganer.