Wildacker zur Verminderung von Wildschäden
Inhaltsübersicht:
Ziel: Wildschäden mindern
Wildschäden sind ein ewiger Zankapfel zwischen Waldbesitzern und Jagdpächtern bzw. Jagdgenossenschaften. Wild benötigt neben Ruhe ganzjährig genügend Nahrung. Wird das Wild permanent gestört bzw. ist jahreszeitenbedingt das Nahrungsangebot einseitig oder sogar knapp, müssen die Bäume „dran glauben“. Schäl- und Verbissschäden sind die Folge. Ganze Waldstücke können so nachhaltig geschädigt werden, die Wertminderung ist erheblich. Neben Schutzvorrichtungen wie Wildzäunen oder Einzelschutzmaßnahmen (Netzhüllen, Schälschutznetze, Vergrämungsmittel, etc.) kann die Einrichtung von Wildäckern den Wilddruck im Wald senken. Das über das Saatgut bzw. die Wildackermischung intelligent abgestimmte Pflanzenangebot erweitert das Äsungsangebot des Wildes und bietet Schutz für eine entspannte Nahrungsaufnahme.
Für welche Wildarten ist der Wildacker sinnvoll?
Schalenwild: primär werden Wildäcker für Rotwild, Rehwild, Damwild und auch Schwarzwild angelegt. Denn genau diese Wildarten verursachen in Feld, Wald und Flur die größten Wildschäden.
Niederwild: Neben Nahrung finden insbesondere Niederwildarten wie Fasan, Rebhung oder Feldhase Sichtschutz vor ihren natürlichen Feinden und nehmen Wildäcker gerne an.
Insekten! Ein Aspekt, dessen Bedeutung immer mehr Naturliebhabern bewußt wird, ist die Bedeutung von Bienen und Hummeln. Ohne Wild- und Honigbienen gäbe es kein Obst, kein Gemüse und keine Blumen. Gegenüber intensiv landwirtschaftlich genutzen Flächen ist ein Wildacker geradzu ein Paradies für Bienen und Insekten das ganzjährig Nahrung bietet. Im Idealfall blüht auf einem Wildacker zwischen März und Oktober immer etwas.
Idealer Wildacker-Standort
Der Standort eines Wildackers sollte den Lebensgewohnheiten des heimischen Wildes entgegenkommen. Man unterscheidet
- Wildäcker im Wald: idealerweise in sonniger, ruhiger und ungestörter Lage nahe dem Gebiet, in denen das Wild seinen Einstand hat. Auch Waldschneisen und Rückegassen können bei entsprechendem Lichteinfall als Wildacker angelegt werden. Für diese Flächen empfehlen sich dann spezielle Wildackermischungen mit besonders strapazierfähigen Gräsern und Kleearten.
- Wildäcker in der Feldflur: Meist auf Stilllegungsflächen, auf Waldrandstreifen, auf unrentablen Ackerflächen oder zwischen Feldholzinseln; grundsätzlich in Bereichen, die vom Menschen selten aufgesucht werden.
Optimale Größe und Lage: Die Fläche eines Wildackers darf nicht zu klein gewählt werden. Optimal sind 0,2-0,3 Hektar. Zu groß sollte ein Wildacker aber auch nicht sein. Lieber mehrere kleine Wildäcker anlegen, als ein großer. Die Äsungsfläche sollte mindestens 20 Meter breit sein, sonst besteht die Gefahr der Verschattung durch die Randbäume. Abhilfe kann hier die Astung der Randbäume schaffen, das ist natürlich mit dem Waldbesitzer abzusprechen. Die Flächen des Wildackers sollten mit den üblichen landwirtschaftlichen Maschinen erreichbar bzw. befahrbar sein. Ein Wildacker ist grundsätzlich mit der im Feld üblichen landwirtschaftlichen Nutzung identisch. Die landwirschaftliche Bodenstruktur bleibt erhalten.
Ausrichtung: Bei der Ausrichtung sollte auf genügend Lichteinfall geachtet werden. Eine Nord-Süd-Ausrichtung ist durch die längere Sonneneinstrahlung optimal. Bei einer Ost-West-Ausrichtung erhält die Äsung hingegen zu wenig Sonnenlicht. Die so entstehende Schattenäsung wird vom Wild kaum angenommen. Eine ebene Lage lässt sich besser bewirtschaften und mindert die Gefahr der Bodenerosion durch Wegschwemmen.
Wildacker anlegen
In der Regel wird der Wildacker von einem Landwirt im Auftrag eines Jagdpächters angelegt. Der unter Wildschäden leidende Waldbesitzer kann den Jagdausübenden aber mit „sanftem Nachdruck“ zu einer Neuanlage der zusätzlichen Äsungsflächen bewegen.
Bodenvorbereitung: Damit das Saatgut für den Wildacker auch sicher anwächst, muss der Boden vor der Ausbringung gut vorbereitet werden. Kurz vor der Einsaat wird der Boden gründlich umgebrochen. Zum Umbrechen verwendet der Landwirt in der Regel einen Pflug. Bei sehr flacher Humusschicht empfiehlt sich eine Fräse. Nach dem Umbrechen empfiehlt es sich, den Boden etwas trocknen zu lassen, so vermeidet man Bodenverdichtungen.
Bodengüte: Damit ein Wildacker wächst und gedeiht, müssen Nährstoffhaushalt und pH-Wert des Bodens stimmen. Die Nährstoffversorgung des Bodens sollte möglichst ausgewogen sein. Für die Anlage eines Wildackers sollte der pH-Wert zwischen 5,3 und 7,0 liegen. Kalkmangel auf tonigen Böden kann man durch das Ausstreuen von gekörntem Branntkalk begegnen. Ist der Boden eher sandig, ist kohlensaurer Kalk das Mittel der Wahl.
Einjährig vs. mehrjährig: Ein Wildacker kann als einjährige Anlage (jährlich neu zu kultivieren) oder als mehrjährige Daueranlage angelegt werden. Je nach Zielsetzung ist dann das entsprechende Saatgut auszuwählen. Bei einjährigen Wildackermischungen hat sich zur Pflege das Rotationsverfahren bewährt. Dabei wird nicht der gesamte Wildacker, sondern immer nur die Hälfte der Fläche neu bestellt. Auf diese Weise kann das Wild weiterhin die andere Hälfte nutzen.
Aussaattermin: für die Brache gilt ein Aussaattermin bis 15. Mai, als Wildäsung kann der Wildacker ab 15. Mai bis in den August hinein ausgesät werden.
Sämaschine vs. Handsaat: Ob das Saatgut mit der Sämaschine oder per Hand ausgebracht wird entscheidet meist der durchführende Landwirt. Bei einer Saat mit der Hand ist die entsprechende Aussaatmenge auf die Fläch des Wildackers abzustimmen (auswiegen) und möglichst gleichmäßig zu verteilen. Altgediente Landwirte haben dafür ein pezielles Händchen.
Anwalzen: Nach der Ausbringung muss das Saatgut 2 cm tief mit der Egge eingearbeitet werden. Leichte Böden erfordern zudem eine Verfestigung mit der Walze. Das Anwalzen der Wildackermischung sorgt für einen guten Bodenschluss und hilft gegen Vertrocknen. Ein Wildacker darf nicht gemäht oder gemulcht werden, sonst geht die Winteräsung verloren.
Düngung: Besonders Rehe wählen ihre Nahrung mit Vorliebe nach deren Stickstoffgehalt aus. Die Zugabe von Düngemitteln ist für Schmackhaftigkeit aber natürlich auch für Wachstum und Standfestigkeit der Wildäsungspflanzen sehr entscheidend. Auf eine Düngung kann man nur bei bereits vorhandenen guten Nährstoffwerten des Bodens verzichten. Bei Nährstoffmangel kann vor der Aussaat ein Grunddünger in den Boden eingearbeitet werden. Eine Alternative bzw. Ergänzung ist die Gründüngung in Form von Zwischenfrüchten, die hierfür im Vorherbst gesät werden. Mit einer Düngung nach der Saat sollte man warten, bis die Pflanzen eine Höhe von 10-15 cm erreicht haben. Im ersten Anbaujahr sollte ein Volldünger verwendet werden, der Stickstoff (N, wird benötigt für das vegetative und generative Wachstum), Phosphat (P, ist verantwortlich für die Blüten- und Fruchtbildung) und Kalium (K, stärkt die Widerstandskraft der Pflanze durch Stärkung der Zellwände). Diese sog. NPK-Dünger werden auch im Rasenbereich eingesetzt.
Wildackerpyramide: Ein Wildacker sollte idealerweise in pyramidenform aufgebaut werden. Niedrigere, kleinere Pflanzen werden am Rand des Wildackers gesät. Zur Mitte des Wildackers steigt die Pflanzenhöhe dann an. Niedrige Pflanzen wären z.B. Winterraps, Ackerbohnen, Futtererbsen. Im mittleren Bereich der Pyramide bieten sich Hafer, Buchweizen, Waldstaudenroggen, Hanf, Winterweizen oder Winterrüben an. Die Spitze der Pyramide bilden die hohen Pflanzen Mais, Sonnenblume oder Topinambur.
Wildacker Saatmischung
Saatgut: Der Bedarf an Wildacker-Saatmischung je 1.000 m² liegt bei rund 2 – 5 kg. Pro Kilogramm Saatgut fallen Kosten von rund 5,00 EUR an. Die Wildmischungen kann man sich bequem und schnell per Amazon liefern lassen. Eine kleine Auswahl bei Amazon erhältlicher Wildackermischungen:
- WSM 1 (Wildschutzmischung 1): mehrjährige Niederwildmischung, auch für Schwarz- und Rotwild sehr geeignet
- WSM 2 (Wildschutzmischung 2): für Herbstaussaaten im Juli und August
- WSM 3 (Wildschutzmischung 3): für mehrjähriges Dauergrünland im Niederwildbereich
- Pioniermischung: Ideal für Ersteinsaat von Schneisen, Blößen, Brachflächen für Hoch- und Niederwild
- Leguminosenmischung: ideale Lockäsung mit großer Anziehungskraft auf Rot-, Reh- und Schwarzwild
- Herbst- und Winteräsungsgemisch: Bietet Hoch- und Niederwild bis in den Herbst hinein reichliche Herbstmast
- Niederwildspezialmischung („Vechtaer Analyse“): Niederwildspezialmischung der Kreisjägerschaft Vechta besonders für leichte Böden
Die Auswahl der Saatgutmischung muss sich an den vorkommenden Wildarten orientieren. Rehwild bevorzugt beispielsweise ausschließlich Kräuter, Kreuzblütler und Klee. Rotwild hingegen liebt „Raufutter“ wie z.B. Süßgräser oder Getreidearten. Sollen beide bedient werden, empfiehlt sich also eine Mischung aus Gräsern und Klee.
Eine typische Wildackermischung enthält eine bunte Vielfalt an Pflanzsamen. Eine sog. überjährige Mischung ist bestenfalls für alle Wildarten geeignet. Die Pflanzenvielfalt bietet dauerhaft Äsung und auch Deckung (u.a. durch Sonnenblumen, Staudenroggen und Buchweizen). Typische Saatbestandteile einer Wildackermischung:
Für einjährige Wildacker:
- Blattstammkohl
- Buchweizen
- Futtererbsen
- Futterraps
- Furchenkohl
- Hafer
- Herbstrüben
- Kartoffeln
- Lupinen/Süßlupinen (bitterstoffarm)
- Mais
- Markstammkohl
- Senf
- Serradella
- Sonnenblumen
- Stoppelrübe
- Winterrübsen
Für überwinternde, mehrjährige Wildacker:
- Blattstammkohl
- Bockshornklee
- Buchweizen
- Esparsette
- Futterraps
- Herbstrüben
- Inkarnatklee
- Kulturmalve
- Landsberger Gemenge (Zottelwicke, Inkarnatklee, Welsches Weidelgras)
- Lieschgras
- Lupinen (bitterstoffarm)
- Markstammkohl
- Ölrettich
- Perserklee
- Ringelblumen
- Rotklee
- Sonnenblumen
- Topinambur (ideale Wildackerpflanze! Im Sommer Deckung und Blattäsung, im Winter Knollenäsung ähnlich Kartoffeln)
- Waldstaudenroggen
- Weidelgras
- Weißklee
- Wiesenschwingel
- Winterwicken